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Eine elektrische Strassenbahn als Zubringer

1889 - 1940
Bereits 1889 stellt Jacob Schmidheiny eine dampfbetriebene Strassenbahn zur Debatte, die vom österreichischen Hohenems über Diepoldsau und Au-Heerbrugg bis Berneck führen soll. Das Projekt wird aber bald fallen gelassen, weil die Strecke zu kurz ist, um einen rentablen Betrieb zu garantieren. Auch der damals noch unbefestigte Rhein ist ein Risiko für die Strecke. Doch Schmidheiny lässt nicht locker und präsentiert kurz vor Ostern 1890 einen neuen Vorschlag. Diesmal soll die Strecke von Altstätten über Berneck, Au, Rheineck und Thal bis Rorschach verlaufen. Wegen des Rheins und des weichen Bodens verzichtet Schmidheinys Plan auf Querverbindungen. Die Bahn soll elektrisch betrieben werden wie jene, die 1888 zwischen Vevey und Montreux-Chillon eröffnet wurde.

Im Mai 1892 legen Ingenieure aus Zürich einen Plan für eine Strassenbahn von Altstätten nach Berneck vor. Die Fortsetzung nach Rorschach ist nicht mehr im Gespräch. Am 29. Juni 1893 erteilt der Bund der Strassenbahngesellschaft eine Konzession. Das Tramtrassee soll explizit durch alle Dörfer geführt werden, die keinen direkten Anschluss an die Eisenbahn haben, so etwa Balgach. Um die Details der Streckenführung wird hitzig diskutiert. Manche Dorfstrasse – auch die in Balgach – scheint für ein Trassee zu schmal zu sein, weshalb man sich zuerst auf eine Umfahrung der betreffenden Orte verlegt. Schliesslich lässt man die Idee fallen, was aber einige bauliche Anpassungen in den Dörfern bedingt.

1896 wird mit dem Bau des Trassees begonnen und bereits am 5. April 1897 kann die neue Strassenbahn mit ihren braunen Wagen feierlich eingeweiht werden. Sie erweist sich als grosser Wurf. Besonders wenn in einem der Dörfer ein Markt stattfindet, ist sie stark ausgelastet. Zwischen 1900 und 1910 transportiert das Tram im Schnitt zwischen 390'000 und 450'000 Fahrgäste pro Jahr. Um der steigenden Beliebtheit gerecht zu werden, müssen neue und grössere Tramkompositionen bestellt werden. Die gute Konjunktur in jenen Jahren sorgt für anhaltenden Erfolg. Ab 1. August 1908 übernimmt die Bahn auch die Posttransporte zwischen Heerbrugg und Balgach. Die Strecke wird ausgebaut. 1911 kommt die Verbindung Altstätten-Gais hinzu, im Herbst 1915 jene zwischen Heerbrugg und Diepoldsau.

Autobus statt Strassenbahn
Ab 1925 werden erste Stimmen laut, die statt der Strassenbahn eine Autobuslinie verlangen. Tatsächlich nimmt der motorisierte Verkehr im Lauf der 1920er-Jahre zu, so dass die gemütliche Strassenbahn, die 14 bis 16 Kilometer pro Stunde zurücklegt, ein Hindernis zu werden droht. Zwischen 1928 und 1937 nimmt die Personenfrequenz immer mehr ab. Das liegt zum einen an der Weltwirtschaftskrise, zum anderen an der Eröffnung erster Autobuslinien. Jetzt ist das Ende der Strassenbahn absehbar. 1935 steht eine technische Generalüberholung an, und bei dieser Gelegenheit wird entschieden, die Strassenbahn durch einen elektrischen Trolleybus abzulösen. Der Kriegsbeginn verzögert die geplante Umstellung, aber 1940 werden die Schienen entfernt und die Oberleitungen für den Trolleybus eingerichtet. Am 1. September 1940 rattert die inzwischen stark abgenutzte Strassenbahn zum letzten Mal durch die Rheintaler Dörfer. Am 8. September nimmt der Trolleybus von Altstätten nach Heerbrugg den Betrieb auf.


Bild: Triebwagen der elektrischen Strassenbahn, die 1897 in Betrieb genommen wurde.
Elektrische Strassenbahn 1897