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Die schlimmste, aber auch letzte Hungersnot

1816 - 1817
Die ersten Jahre der Restauration in der Ära nach Napoleon sind geprägt von Naturkatastrophen. Im April 1815 bricht der indonesische Vulkan Tambora aus und katapultiert derart viel Staub in die Atmosphäre, dass das Klima in der ganzen Welt monatelang beeinträchtigt wird. Der Winter 1815/1816 ist ausgesprochen kalt, im Frühsommer fällt noch Schnee und im Sommer ungewöhnlich viel Regen. Der Wein, die Kartoffeln, das Korn verkümmern. In der ganzen Schweiz herrscht eine der bisher schlimmsten Hungersnöte. Besonders in der Ostschweiz leiden die Menschen so grosse Not, dass selbst der russische Zar Alexander I. Hilfslieferungen schickt.

Hochwasser und Seuchen
Normalerweise folgt auf ein schlechtes Jahr ein besseres, aber diesmal ist es anders. 1817 kommt es für die Rheinanlieger, also auch die Balgacher, knüppeldick. Das Frühjahr zeigt sich noch viel versprechend, so dass die Menschen sich in trügerischer Sicherheit wähnen. Vom 13. auf den 14. Juni aber tritt der Rhein über die Ufer. Die Dämme brechen an mehreren Stellen. Die Schäden sind noch nicht behoben, als der Fluss am 27./28. August noch viel heftiger hoch geht. Bis drei Meter steht das Wasser über dem flachen Land. In den Rheintaler Dörfern ragen nur noch die Baumkronen, Dächer und Kirchtürme aus den Fluten. Balgach selbst kommt mit einem blauen Auge davon. Das Dorf profitiert von seiner Hanglage. Dafür erkranken in Balgach und Berneck hunderte von Menschen an Faul- und Nervenfieber.

Diebstähle aus Verzweiflung
Von den 23‘655 Einwohnern des Rheintals fallen 1411 den Überschwemmungen des Jahres 1817 zum Opfer. Für Balgach sprechen die Quellen von "etlichen Personen", die verhungerten. Die verzweifelte Bevölkerung weiss sich oft nur noch mit Diebstählen zu helfen. Wer erwischt wird, kommt hinter Gitter. Hilfslieferungen, die von den Gemeinden koordiniert werden, werden nur an jene verteilt, die gewisse Bedingungen erfüllen. Wer beispielsweise Unterstützung und Samen für die nächste Aussaat erhält, muss seine Ernte abgeben. Eine bedingungslose Nothilfe kennt man damals noch nicht.